„ROTTAMAZIONE“: EIN TEUFELSKREIS

Italien plant die fünfte Steueramnestie seit 2016.

Die Regierung erhofft sich Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2026, gefolgt von 600 Millionen Euro 2027 und 500 Millionen Euro 2028. Doch fördern diese immer häufiger wiederholten Maßnahmen tatsächlich die Steuerdisziplin, oder verschärfen sie nur das Problem der Steuerhinterziehung?

Die Antwort liegt auf der Hand. Ende 2024 beliefen sich die ausstehenden Steuerforderungen auf 1,274 Billionen Euro. Von dieser astronomischen Summe sind jedoch nur etwa 100 Milliarden Euro realistisch eintreibbar – ein Alarmsignal für gravierende Systemmängel.

Von 2016 bis heute gab es vier Amnestien und eine Schuldenregelung. Dabei zeigt sich ein besorgniserregender Trend: Die Maßnahmen werden immer großzügiger. Während die ersten drei Amnestien nur Strafen und Verzugszinsen strichen, ging die vierte Amnestie unter der Regierung Meloni deutlich weiter und erließ auch weitere Nebenkosten.

Die Bilanz aus den vergangenen Maßnahmen ist ernüchternd. Aus den ersten drei Verschrottungen wurden von den geschuldeten 100 Milliarden Euro 41 Milliarden sofort gestrichen. Von den verbleibenden 58 Milliarden wurden nur 22 Milliarden beglichen – gerade ml 38 % der Gesamtsumme.

Bei der bisher einzigen Schuldenregelung wurden von den vorgesehenen 10,4 Milliarden Euro 9 Milliarden sofort erlassen. Von den verbleibenden 1,4 Milliarden wurden nur 790 Millionen eingetrieben. Die vierte Amnestie betraf 97 Milliarden Euro. Davon wurden 45 Milliarden sofort annulliert. Von den 53 Milliarden, die einzutreiben waren, wurden nur 12 Milliarden beglichen.

Die wiederholten Amnestien schaffen zusätzlich einen Teufelskreis: Steuerzahler rechnen damit, dass künftig weitere günstige Regelungen kommen, was zur Hinterziehung anregt. Dies untergräbt die Zahlungsmoral systematisch. Wirtschaftliche Schieflagen sind wohl kaum der Grund, wenn die neu eingetragenen Forderungen 2024 – trotz wirtschaftlicher Expansion seit 2022 – den höchsten Stand seit 2015 erreicht haben.

Wer seine Steuern pünktlich zahlt, wird im Grunde genommen bestraft. Die pauschalen Amnestien schaffen eine offensichtliche Ungerechtigkeit gegenüber pflichtbewussten Bürgern. Zudem gibt es keine Belege dafür, dass Nichtzahler größere wirtschaftliche Probleme haben als reguläre Steuerzahler. Sollte dies zutreffen sollten sie zumindest auf jene abgestimmt werden die nachweisbaren Probleme haben. Ganz nebenbei kann man die Steuerschulden auch in Raten zu sehr günstigen Bedingungen zahlen was diese Amnestien eigentlich nicht rechtfertiget. Steueramnestien sind nebenbei kein wirksames Instrument zur Steuereintreibung. Sogar die reduzierten Beträge werden sehr oft nicht beglichen. Der gewährte Nachlass übersteigt systematisch die tatsächlich eingezahlten Beträge. Jede neue Amnestie bestätigt den Steuerzahlern, dass es sich lohnt, auf die nächste zu warten. In einem Land, in dem Steuerhinterziehung bereits ein endemisches Problem ist, verschärft dieser Mechanismus die Situation, statt sie zu verbessern.

Alfred Ebner